Erste Ansätze einer Belebung der demokratischen Opposition in Lettland zeigten sich im Jahre 1986. Ein echter Umbruch erfolgte zwei Jahre später, als die „Volksfront“ und die anfangs noch unpopuläre „Nationale Unabhängigkeitsbewegung“ ins Leben gerufen wurden. An den Massenkundgebungen für die Unabhängigkeit Lettlands von der UdSSR nahmen immer mehr lettische Bürger teil. Die größte Demonstration bildete die am 23. August 1989 gemeinsam mit Litauern und Esten organisierte, 650km lange „Menschenkette“ zwischen Tallinn, Riga und Vilnius, die die Welt an die Folgen des Ribbentrop-Molotov-Pakts erinnern sollte.

 

Am 18. März 1990 fanden die ersten freien Wahlen zum Obersten Sowjet der Lettischen Sozialistischen Sowjetrepublik statt. Zwei Drittel der Stimmen erhielt die von der Volksfront gebildete Koalition der Unabhängigkeitsgruppierungen. Am 4. Mai 1990 verabschiedete das Parlament eine Erklärung „zur Wiederherstellung der Unabhängigkeit der Republik Lettland”. Obwohl die Erklärung die stufenweise Loslösung von Moskau implizierte, erließ der sowjetische Staatspräsident Michail Gorbatschow ein Dekret über die Ungültigkeit dieser Erklärung. Die große russische Minderheit versuchte die eingeleiteten Maßnahmen zur Wiedererlangung der Unabhängigkeit Lettlands zu blockieren. Die Beziehungen der Letten zu dieser Minderheit bilden bis heute ein ernstes Problem.

 

Den letzten Versuch, Lettland im Staatsverband der UdSSR zu halten, unternahm der Kreml im Januar 1991. Zunächst besetzten sowjetische OMON-Truppen mehrere strategische Regierungsgebäude, u.a. die Hauptdruckerei und das Innenministerium. Nach dem Angriff der sowjetischen Armee auf Lettland versammelten sich am 13. Januar 1991 Hunderttausende lettischer Bürger in Riga. Überall in der Stadt wurden Barrikaden errichtet, um den Angriff aufzuhalten. In den Kämpfen kamen sechs Menschen ums Leben. Nach dem gescheiterten Staatsstreich in Moskau am 6. September 1991 erkannte der Kreml die Unabhängigkeit Lettlands, Litauens und Estlands an.

 

Im Jahre 1995 verließen die letzten russischen Soldaten das Land. Neun Jahre später trat Lettland der NATO und der EU bei.