Mitte der 1980er Jahre machte sich in der weißrussischen Gesellschaft allgemeine Unzufriedenheit breit, die im Vergleich zu den benachbarten Sowjetrepubliken jedoch deutlich schwächer ausgeprägt war. Angesichts der intensiven Russifizierung waren in Weißrussland nur wenige Oppositionelle aktiv, die lediglich geringes gesellschaftliches Interesse weckten. Die Kommunistische Partei stand Reformen weiterhin ablehnend gegenüber. Immer stärker wurde die Ende der 1980 Jahre gegründete „Weißrussische Volksfront“ (BPF), die lautstark für eine nationale Wiedergeburt, Souveränität und Demokratisierung eintrat. Im Januar 1990 verabschiedete das Parlament ein Gesetz über den Status der weißrussischen Sprache als einziger Amtssprache, wodurch der BPF ein wichtiges Postulat genommen werden sollte, um sie politisch zu schwächen. Am 25. Februar 1990 organisierte die BPF ein gegen die Regierung gerichtetes Treffen im Zentrum von Minsk, bei dem sich ca. 100.000 Demonstranten versammelten.
Von März bis Mai 1990 fanden Wahlen zum Obersten Sowjet statt. Vertreter der Oppositionsparteien warben für die Unabhängigkeit des weißrussischen Staates, die Abschaffung des Herrschaftsmonopols der Kommunistischen Partei und die Durchführung von Wirtschaftsreformen. Ähnlich wie in den parallel stattfindenden Gemeindewahlen eroberten die Kommunisten im Obersten Sowjet die überwiegende Mehrheit der Sitze. Unter den Mandatsträgern befand sich u.a. der spätere Staatspräsident Alexander Lukaschenko. Im Mai 1990 wurde der reformwillige Kommunist Wjatschaslau Kebitsch zum neuen Regierungschef gewählt.
Unter dem Einfluss der politischen Emanzipationsbestrebungen erklärte das Parlament die Weißrussische Sozialistische Sowjetrepublik am 27. Juli 1990 für souverän und bezeichnete sie zugleich als unabhängiges, neutrales Mitglied der internationalen Staatengemeinschaft. Zugleich forderte man ihren Verbleib im sowjetischen Staatsverband, was den Widerstand der Opposition hervorrief. Mit dem Gesetz vom 28. Juli 1990 wurde das Mehrparteiensystem eingeführt. Im August 1991 wurde die unabhängige Republik Belarus ausgerufen.
