Vor dem Hintergrund der sich verschlechternden wirtschaftlichen Lage zwangen die Machthaber der „Ungarischen Sozialistischen Arbeiterpartei” (MSZMP) Partei- und Regierungschef János Kádár im Mai 1988 zum Rücktritt. Sein Nachfolger wurde Károly Grósz, der eine fortschreitende Liberalisierung des politischen Systems einleitete. Aufgrund des Vereinigungsgesetzes vom 10. Januar 1989 erhielten die Bürger Ungarns erstmals die Möglichkeit zu freien Zusammenschlüssen in unabhängigen Organisationen. Bereits ein halbes Jahr später saßen alle Oppositionsparteien am nationalen „Runden Tisch“. Die auf diese Weise ermittelten Volksvertreter nahmen am 13. Juni 1989 mit den MSZMP-Spitzenfunktionären und den Delegierten der mit dem Staatsapparat verbundenen Organisationen erstmals Verhandlungen am „Dreieckstisch” auf. Die am 18. September 1989 geschlossene Vereinbarung schuf die Grundlagen für eine demokratisch-rechtsstaatliche Ordnung. Die Ungarische Volksrepublik wandelte sich zur Republik Ungarn mit einer neuen Staatsverfassung und einem Mehrparteiensystem. Neuer Nationalfeiertag wurde der am 23. Oktober begangene „Tag der Republik”. Er erinnerte an den Ausbruch der antikommunistischen Revolution in Ungarn im Jahre 1956.

 

Die ersten freien Wahlen sollten am 23. März (zweiter Durchgang am 8. April) 1990 stattfinden. Noch vor den Wahlen kam es zur Selbstauflösung der MSZMP, aus der die „Ungarische Sozialistische Partei“ hervorging. Aber bereits im Januar 1990 kamen Dokumente ans Licht, die bezeugten, dass die Staatssicherheitsorgane die Oppositionsparteien heimlich überwachten. Der sog. „Dunagate”-Skandal stürzte die Postkommunisten in den politischen Abgrund.

 

In den darauffolgenden demokratischen Wahlen siegte das christdemokratische „Ungarische Demokratische Forum“ (MDF) mit 42,5% aller Stimmen unter der Führung des ehemaligen Teilnehmers des Volksaufstands von 1956, József Antall. Die MDF bildete daraufhin mit der „Unabhängigen Partei der Kleinen Landwirte” (FKGP – 11,4% der Stimmen) und der „Christlich-Demokratischen Volkspartei“ (KDNP – 5,4% der Stimmen) eine Koalitionsregierung. Die postkommunistische „Ungarische Sozialistische Partei” erhielt lediglich 10% der Stimmen.

 

Das Parlament bestimmte Antall am 23. Mai 1990 zum Ministerpräsidenten. Am 4. August 1990 wählten die Abgeordneten den Schriftsteller und langjährigen politischen Häftling Árpád Göncz zum Staatspräsidenten Ungarns.

 

Der daraufhin eingeleitete Systemwandel gilt bis heute als „ausgehandelte Revolution”, da er nicht durch einen gesellschaftlichen Aufstand eingeleitet worden war. Der Transformationsprozess kam durch die im September und Oktober 1990 in zwei Runden abgehaltenen Bürgermeister- und Kommunalwahlen zum Abschluss.

 

In der Zwischenzeit leitete Antall eine umfassende Wirtschaftsreform ein. Ein Nebeneffekt der eingeführten freien Marktwirtschaft und der Privatisierungsmaßnahmen war die hohe Arbeitslosigkeit, die auf 14% anstieg. Begleitet wurde diese Entwicklung von sinkenden Löhnen und Gehältern sowie wachsender Frustration in der Gesellschaft. Letztere zeigte sich vor allem in landesweiten Protestaktionen der Taxifahrer, die am 23. Oktober 1990 infolge der amtlichen Benzinpreiserhöhung eingeleitet wurden. Massive Straßenblockaden lähmten das Land. Die Regierung bekam die Krise nach fünf Tagen wieder in den Griff, indem sie den protestierenden Taxifahrern staatliche Ausgleichszahlungen für den teuren Kraftstoff in Aussicht gestellt hatte. Ministerpräsident Antall befasste sich auch mit der Frage der ungarischen Minderheit in den Nachbarstaaten. Seine Rede über die Einheit der Nation wurde als Versuch betrachtet, den Vertrag von Trianon in Frage zu stellen. Nichtsdestotrotz wurde Ungarn im November 1990 als erstes postkommunistisches Land in den Europarat aufgenommen.